Dom und Baptisterium
Der Dom zu Pisa oder Duomo Santa Maria Assunta war im 12. Jahrhundert ein geradezu revolutionäres Bauwerk, und auch heute noch ist sein Anblick spektakulär. Eine fünfschiffige romanische Säulenbasilika mit dreischiffigem Querhaus und Vierungskuppel – nirgends sonst in Italien gab es zu dieser Zeit Vergleichbares. Auch wenn der Campanile (Glockenturm) den Dom aufgrund seiner baulichen Schieflage mittlerweile an Berühmtheit überholt hat, wäre ein Besuch Pisas ohne den Dom nicht vollständig. Wie gut, dass mit dem Dom, dem Baptisterium, dem Schiefen Turm und dem Camposanto gleich vier Top-Sehenswürdigkeiten Pisas an einem Ort, der Piazza dei Miracoli, versammelt sind!
Der mit kostbarem Carrara-Marmor verkleidete Dom galt lange als prächtigster sakraler Bau des Abendlandes. Er symbolisierte auch die Machtposition der einstigen Seerepublik Pisa gegenüber anderen toskanischen Städten wie Siena oder Florenz. Von Weitem strahlt die Fassade Ruhe und gleichmäßige Geschlossenheit aus, doch aus der Nähe erkennt man den Detailreichtum und die unterschiedlichen Schattierungen des Marmors.
Der Dom ist bereits von außen ein Monumentalbau. Bei den Widersachern Pisas verfehlte er seine Wirkung sicherlich nicht und sorgte für reichlich Nachahmer. Die Wunder der Kathedrale machen aber auch vor ihrem Inneren nicht halt, auch wenn vieles bei einem Brand im Jahr 1595 zerstört wurde. Heute noch beeindruckend sind das großflächige Mosaik in der Apsis, geschaffen vom Florentiner Cimabue, und die marmorne Kanzel von Giovanni Pisano.
Der von der Holzdecke des Hauptschiffs hängende Leuchter wird auch als „Galileo-Leuchte“ bezeichnet. Es kursieren immer noch – falsche – Gerüchte, eben jener Leuchter habe den Großmeister zu seiner Theorie über den Isochronismus des Pendels inspiriert. Bei all dieser Pracht verwundert es niemanden, dass der Duomo Santa Maria Assunta zusammen mit dem Schiefen Turm, dem Camposanto und dem Baptisterium bereits seit 1987 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.
Das Baptisterium
Westlich des Doms treffen wir auf das Baptisterium von Pisa, eine der größten Taufkirchen weltweit. Die Tatsache, dass Taufkirchen lange Zeit separat von den Hauptkirchen erbaut wurden, geht auf frühchristliche Traditionen zurück. Gerade in Italien hielt sich diese Bauweise besonders lange. Aber warum die Trennung? Zu einer Zeit, als vornehmlich Erwachsenentaufen in großer Anzahl und nur an bestimmten Tagen des Kirchenjahres vorgenommen wurden, war eine großräumige, separate Taufkirche notwendig – vor allem auch, weil zu jener Zeit kein Ungetaufter die Hauptkirche hätte betreten dürfen. Mit Einführung der Kindstaufe und im Zuge der Lockerung der Bestimmungen verloren die Baptisterien jedoch mehr und mehr ihre Funktion.
Ebenso wie den Dom zu Pisa kann man das dazugehörige Baptisterium als prächtige Machtdemonstration der Handelsmetropole und Seemacht Pisa interpretieren. Die großen oberitalienischen Städte Florenz und Genua erlangten erst ihren Platz an der Landesspitze, nachdem die Genuesen die pisanische Flotte 1284 niederringen konnten.
Nur wenige wissen heute noch, dass die Kuppel des Baptisteriums einst die Form eines oben offenen Kegels besaß. Erst spätere Aufbauten verliehen ihm die halbkreisförmige Kuppel und schlossen die obere Öffnung. Neben der Dachform beeindrucken vor allem das großzügige, helle Innere und die außergewöhnliche Akustik der Taufkirche. Gelegentlich stimmen die Küster eine kleine Melodie an, die durch das Echo wie ein kleines Orgelkonzert klingt.