Schiefer Turm

Selten in der Geschichte erreichen Bausünden solch positive Berühmtheit wie der Schiefe Turm von Pisa. Gebaut auf dem Schwemmlandgelände des ehemaligen Lagunengebiets sank der Turm noch während der Bauzeit ab. Der Bau wurde unterbrochen und erst 100 Jahre später traute sich der nächste Baumeister an den Weiterbau. Allerdings ohne die Schieflage jemals aufhalten oder gar korrigieren zu können.

 

Der fast 57 Meter hohe Campanile (Glockenturm) soll natürlich der Legende nach kerzengerade gewesen sein, als er den Stadtvätern übergeben wurde. Erst als diese versuchten, den Baumeister zu übervorteilen, habe sich der Turm geneigt. Heute wissen wir, dass der Schiefe Turm an dieser Stelle eigentlich niemals hätte gebaut werden dürfen. Der Untergrund war einfach zu nachgiebig und wurde durch das enorme Gewicht (geschätzte 14.450 Tonnen) zusammengedrückt. Hätte man den Turm in den 1990er Jahren nicht für 10 Jahre gesperrt und saniert, so wäre er Berechnungen zufolge ca. im Jahr 2000 umgefallen, so stark ist die Neigung. Heute ist der Glockenturm zwar immer noch herrlich schief, aber nicht mehr einsturzgefährdet und strahlt im Weiß des herrlichen Carrara-Marmors, aus dem er gebaut wurde.

 

Natürlich gibt diese architektonische Besonderheit heute allerlei Anlass für kuriose Fotos und geradezu akrobatische Selfies. Manchmal ist es ebenso interessant, die spektakulären Verrenkungen der Touristen zu beobachten, wie den Turm selbst zu besteigen.

 

Wer es lieber etwas ruhiger mag, sollte den Campo dei Miracoli, Standort des Schiefen Turms, des Baptisteriums, des Dom zu Pisa (Santa Maria Assunta) und des Camposanto Monumentale in den frühen Morgenstunden besuchen. Ebenso stimmungsvoll ist der Platz nachts. Ein interessantes Detail am Rande: Die Absenkung des Untergrunds betrifft nicht nur den Schiefen Turm von Pisa, sondern auch das Baptisterium und den Dom.

 

In seiner oft vergessenen Eigenschaft als freistehender Glockenturm beherbergt der Schiefe Turm nicht nur jedes Jahr unzählige Touristen, sondern auch sieben historische Glocken – eine für jeden Ton der Tonleiter mit herrlich klangvollen Namen: Assunta (die größte Glocke), Crocifisso, San Ranieri, Dal Pozzo, Pasquereccia, Terza und Vespruccio. Aufgrund der Neigung des Turms werden die Glocken allerdings heute nicht mehr geläutet, sondern oft nur noch gebeiert. Trotzdem ein wunderbares Schauspiel zur Mittagsstunde oder vor Messen.

Andere Reisetipps